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Transportrecht / allgemeines Zivilrecht / internationales Vollstreckungsrecht

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT HAMBURG 13.07.2016 (6 U 152/11) ENTSCHEIDET ERNEUT: Russische Gerichtsurteile werden in Deutschland mangels Verbürgung der Gegenseitigkeit weder anerkannt noch sind sie vollstreckbar.

Rund zwölf Jahre nach einer entsprechenden Entscheidung hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg mit Urteil vom 13.07.2016 (6 U 152/11) erneut über die Frage entschieden, ob ein russisches Gerichts­urteil in Deutschland anzuerkennen ist.

Diese Frage wäre nach deutschem Prozessrecht zu bejahen gewesen, wenn auch im umgekehrten Fall deutsche Urteile regelmäßig in der Russischen Föderation auch ohne völkerrechtliche Vereinbarung anerkannt werden würden, also „Gegenseitigkeit“ vorläge.

Trotz entsprechender Tendenzen bei den russischen Wirtschaftsgerichten lässt weder die aktuelle Rechtslage noch die tatsächliche An­er­ken­nungs­praxis in Russland den Schluss zu, dass allgemeine Zivilgerichte in Russland inzwischen deutsche Urteile ohne weitere inhaltliche Prüfung für vollstreckbar erklären. Die Ver­bür­gung der Gegenseitigkeit wird daher verneint und die Anerkennung russischer Urteile abgelehnt.

Obgleich eine leicht positive Tendenz in der russischen Rechtspraxis durchaus zu erkennen war, dürfte die aktuelle Entscheidung des Hanse­atischen Oberlandesgerichts dazu führen, dass die Anerkennung und Voll­streckung deutscher Gerichtsentscheidungen in Russland auf ab­seh­bare Zeit nicht möglich sein werden.

Denn die Beantragung einer Anerkennung und Vollstreckung eines aus­län­dischen Gerichtsurteils in Russland erfordert den Nachweis, dass Urteile russischer Gerichte in der ausländischen Rechtsordnung anerkannt und vollstreckt werden. Abhilfe wird daher nur eine zwischen beiden Staaten getroffene völkerrechtliche Vereinbarung bringen können.

Unabhängig von der einem Vertrag zwischen zwei Handelsparteien zugrunde gelegten Rechtsordnung (deutsches oder russisches Recht) wird zu empfehlen sein, nach Möglichkeit die Gerichte desjenigen Landes an­zurufen, in dem die Forderung letztendlich vollstreckt werden kann. Dabei kann mit einem in Deutschland erwirkten Urteil aber durchaus auch auf Vermögenswerte zugegriffen werden, über die der Schuldner in Deutschland (oder einem anderen Land der EU!) verfügt. Lediglich der Zugriff auf in Russland belegene Vermögenswerte ist ausgeschlossen.

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